Ausbildung?

Wenn es in der Ausbildung Drunter und Drüber geht: Deine Rechte und Pflichten als Azubi.

Es ist zum Verzweifeln. Endlich hast du die Schule hinter dir und eine Ausbildungsstelle gefunden und dann das: Dein*e Chef*in meckert ständig rum, die Kolleg*innen nerven und jetzt sollst du auch noch den Flur wischen, weil die Reinigungskraft nicht aufgetaucht ist.

Viele Auszubildende kennen das Gefühl, es nicht mehr auszuhalten. Jede*r vierte bricht seine Ausbildung ab, die meisten im ersten Lehrjahr. Dabei gibt es für viele Probleme gute Lösungen. Wer sich rechtzeitig beraten lässt, findet oft einen Weg, die Ausbildung gut zu Ende zu bringen, anstatt noch einmal bei null zu beginnen. Wir zeigen Dir, welche Möglichkeiten Du hast.

Azubi-Rechte: Du hast das Recht, Dich zu wehren.

Gründe für Unzufriedenheit und Frust in der Ausbildung gibt es viele. Die häufigsten sind Tätigkeiten abseits des Ausbildungszweckes – wie stundenlanges Kopieren oder Botengänge – und regelmäßige Überstunden. Ist das bei Dir der Fall, verstößt das klar gegen die Ausbildungsordnung und Du solltest dagegen vorgehen.

Erste Schritte

  • Überlege, wo genau die Gründe für Deine Unzufriedenheit liegen und versuche ein Gespräch mit Deinem Ausbilder/Deiner Ausbilderin zu vereinbaren.
  • Hol Dir vorher Rat! Besprich Deine Probleme mit dem Betriebsrat oder der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JaV), mit der ver.di Jugend, Lehrer*innen an der Berufsschule oder mit Ausbildungsberater*innen bei der Handwerkskammer bzw. der Industrie- und Handelskammer (IHK). Überlegt gemeinsam, welche Lösungen es geben kann.
  • Eine weitere gute Anlaufstelle: das Online-Portal Dr. Azubi des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), dem Dachverband der deutschen Gewerkschaften. ver.di ist auch DGB-Mitglied. Hier werden Fragen innerhalb von 48 Stunden beantwortet.
  • Sprich mit Deinem Ausbilder bzw. Deiner Ausbilderin ruhig und sachlich und erkläre ihm/ihr, was Dich belastet und welche Veränderungen Du Dir wünschst und lass Dich von einem Mitglied des Betriebsrats oder der JAV begleiten.

Häufige Fehler vermeiden

  • Versteck Dich nicht und warte nicht darauf, dass sich das Problem von allein löst.
  • Geh nicht davon aus, dass Deinem Ausbilder bzw. Deiner Ausbilderin klar ist, was Dir nicht gefällt und wie Du Dich fühlst. Sprich mit ihm oder ihr.

Natürlich gibt es auch Situationen, in denen Auszubildende feststellen, dass die gewählte Ausbildung nicht die richtige für sie ist. Das kann passieren, wenn Aufgaben einem nicht liegen, oder wenn die Tätigkeit gesundheitliche Probleme hervorruft. Auch dann lassen sich gemeinsam Lösungswege erarbeiten.

Was kann ich tun bei Ärger mit meinem Ausbilder oder meiner Ausbilderin?

Schlechte Stimmung kann es immer mal geben. Wird es aber zu Regel, dass Dich Dein*e Ausbilder*in anmotzt und auf dem Kieker hat, solltest Du mit ihm/ihr sprechen. Das ist sicher nicht einfach, führt aber in den meisten Fällen zu einer deutlichen Besserung. Überlege Dir vor dem Gespräch, warum Du unzufrieden bist, was Du ihm/ihr sagen und was Du erreichen willst. Argumentiere sachlich und selbstkritisch und werde nicht emotional. Gut ist es, Situationen aus der eigenen Sicht zu schildern und Sätze mit „Ich“ zu beginnen. Hier mal zwei Beispiele, wie das aussehen kann:

  • Nicht gut: „Sie bügeln mich ständig ab.“
    Besser: „Ich habe das Gefühl, dass Sie zu wenig Zeit für mich haben.“
  • Nicht gut: „Sie meckern mich ständig an.“
    Besser: „Ich fühle mich sehr oft kritisiert und komme damit nicht klar. Ich würde mir wünschen, Hinweise zu bekommen, was ich konkret besser machen kann.“

Schlichtung ist oft besser als Kündigung

Wenn das alles nichts bringt und eine Kündigung im Raum steht, kannst Du bei der zuständigen Stelle (Handwerkskammer oder IHK) eine Schlichtung beantragen. In der Schlichtung erhalten Ausbilder*innen und Auszubildende die Möglichkeit, ihre Konflikte in neutraler Atmosphäre und mit Unterstützung der sach- und rechtskundigen Ausschussmitglieder zu klären. Die Schlichter*innen versuchen, Verständnis für die Sichtweise des oder der jeweils anderen zu wecken und zwischen den Parteien zu vermitteln. Am Ende machen sie einen Lösungsvorschlag, mit dem Ziel, eine für beide Seiten zufriedenstellende Einigung zu erzielen.

Der Antrag auf Schlichtung kann mündlich in der Geschäftsstelle gestellt werden und das Verfahren ist gebührenfrei. Denk daran, in der Schlichtung alle Punkte anzusprechen, die für Dich wichtig sind und die Du geklärt haben möchtest. Denn falls es später zu einer Klage vor dem Arbeitsgericht kommen sollte, können nur die Punkte verhandelt werden, die auch in der Schlichtung Thema waren.

Was tut ver.di?

ver.di kämpft für bessere Arbeitsbedingungen. Mit einer ver.di-Mitgliedschaft gewinnst Du einen starken Partner, der Dir bei Problemen in der Ausbildung mit Rat und Tat zur Seite steht – inklusive kostenfreier Rechtsberatung und Rechtsschutz.

Ausbildung in Zahlen

Wie viele aller Auszubildenden in Deutschland müssen regelmäßig Überstunden leisten?
Wie viele aller Auszubildenden brechen ihre Ausbildung ab?
Wie viele der Abbrecher*innen setzen ihre Ausbildung in einem anderen Betrieb fort?
Quelle: ver.di

Richtlinien für die Ausbildung

Berufs­bildungs­gesetz

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) regelt die Berufsausbildung, die Berufs­aus­bil­dungs­vor­be­rei­tung, die Fortbildung und die berufliche Umschulung. Es definiert die Rechte und Pflichten von Auszubildenden und Ausbildungsbetrieben und regelt das Prüfungswesen. Für die meisten Gesundheits- und Pflegeberufe gilt es allerdings nicht, da diese eigenen Gesetzen unterliegen. Sie sind beispielsweise landesrechtlich oder in sogenannten Berufszulassungsgesetzen geregelt.

Bundes­einheit­liche Ausbildungs­ordnungen

Auf Grundlage des Berufsbildungsgesetzes legen die Ausbildungsordnungen die sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung fest. Sie setzen bundeseinheitliche Standards für die betriebliche Ausbildung. Ausbildungsordnungen werden nach einem geregelten Verfahren entwickelt und überarbeitet, an dem Bund, Länder, Arbeitgeber, Gewerkschaften und die Berufsbildungsforschung beteiligt sind.

Jugend­arbeits­schutz­gesetz

Das Jugend­arbeits­schutz­gesetz enthält strenge Vorgaben, was die erlaubte Arbeitszeit, die Mehrarbeit, den zu gewährenden Urlaub und das Verbot von Akkordarbeiten und gefährlichen Arbeiten für Jugendliche anbelangt. Die Anordnung von Mehrarbeit über 40 Wochenstunden hinaus ist nur in absoluten Notfällen (z. B. Feuerschaden oder Rohrbruch) gestattet. Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeiten. Die absichtliche Gefährdung der Gesundheit oder Arbeitsfähigkeit von Jugendlichen ist eine Straftat.

Dein Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht

Klar, dass Du als Azubi noch nicht alles weißt und auch hin und wieder Fehler machst. Das gehört zum Lernen dazu. Droht Dir durch eigene Fehler oder Fehler von Kolleg*innen bzw. Vorgesetzten jedoch gesundheitlicher Schaden, kommt dein Arbeitgeber ins Spiel. Denn der hat gegenüber seinen Mitarbeiter*innen – also auch Auszubildenden – eine Fürsorgepflicht zu erfüllen.

Die Fürsorgepflicht verlangt, dass der Arbeitgeber von seinen Mitarbeiter*innen Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit fernhält – z. B. durch die Einhaltung des Jugendarbeitsschutzgesetzes und von Arbeitsschutzbestimmungen. Auch Mobbing darf der Arbeitgeber nicht dulden. Gegenüber Auszubildenden ist er darüber hinaus verpflichtet, dafür zu sorgen, dass sie psychisch und physisch nicht gefährdet sowie charakterlich gefördert werden. Dies kann beispielsweise durch Workshops – etwa zum Demokratieverständnis – geschehen.

Den Auszubildenden dürfen nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und ihren körperlichen Kräften angemessen sind. Bei einer Verletzung der Fürsorgepflicht kann der oder die Auszubildende auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld klagen.

Was kann ich tun, wenn ich mich über- oder unterfordert fühle?

Gerade am Anfang fühlen sich viele Azubis überfordert. Sowohl im Betrieb als auch in der Berufsschule werden sie ständig mit neuen Inhalten und Aufgaben konfrontiert. Unser Rat: Ruhe bewahren und im Betrieb ehrlich darauf hinweisen, wenn Dir etwas zu schnell geht oder zu viel wird.

Bei Schwierigkeiten in der Berufsschule kannst Du mit dem Einverständnis Deines Betriebs bei der Agentur für Arbeit und anderen Stellen ausbildungsbegleitende Hilfen anfordern. Das können sein:

  • Kostenloser Nachhilfeunterricht
  • Unterstützung bei theoretischen Lerninhalten
  • Hilfe durch Mentor*innen des Programmes VerA (Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen). Dies ist eine Initiative des Senior Experten Services in Bonn. Ruf dort einfach an, um eine*n Mentor*in aus Deiner Region zu finden. Die Nummer ist 0228-26090-40.

Auch chronische Unterforderung kann eine Qual sein: Manche lernen schneller als der Durchschnitt und verfallen in Langeweile, wenn keine besonderen Herausforderungen geboten werden. Auch hier hilft nur Kommunikation: Fordere konkret komplexere Aufgaben und mehr Feedback ein. Und rege ggf. eine Verkürzung der Ausbildung an.

Was tut ver.di?

So können wir dich bei Problemen in der Ausbildung unterstützen:

  • Kostenfreie Rechtsberatung: ver.di-Mitglieder genießen kostenfreie Beratung in allen Fragen des Arbeits- und Sozialrechts. Du kannst Dich also mit allen Fragen bezüglich Deiner Ausbildung an uns wenden. Mit der ver.di Jugend, die sich speziell um die Interessen von Auszubildenden und jungen Arbeitnehmer*innen kümmert, steht Dir eine starke Gemeinschaft zu Seite.
  • Kostenfreier Rechtsschutz: Sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit Deinem Arbeitgeber kommen, streiten unsere Juristinnen und Juristen für Dein Recht – wenn nötig durch die Instanzen. ver.di übernimmt dann die Kosten des Verfahrens.

Was ist, wenn ich nicht ver.di-Mitglied bin?

Werde es! Unsere Dienstleistungen finanzieren sich solidarisch aus den Beiträgen der Mitglieder. Deshalb ist es nicht möglich, ohne Mitgliedschaft Leistungen in Anspruch zu nehmen. Als Mitglied genießt Du über den Rechtsschutz hinaus viele weitere Vorteile – und hast die Möglichkeit, Dich durch ehrenamtliches Engagement aktiv einzubringen. Außerdem bietet ver.di zur Schulung und Qualifizierung eigene Seminare an, die allen Mitgliedern offenstehen. Die Mitgliedschaft kostet nur ein Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens.