Arbeitszeugnis

Sie war stets bemüht – was Sie über Formulierungen im Arbeitszeugnis wissen müssen.

Arbeitszeugnis

Sie würden gern die Arbeitsstelle wechseln? Oder sind gekündigt worden und müssen schnell etwas Neues finden? Dann heißt es Bewerbungen schreiben. Dafür brauchen Sie ein sogenanntes qualifiziertes Arbeitszeugnis, das die Art und Dauer Ihrer Beschäftigung beschreibt, aber auch ihre Fähigkeiten, Leistungen und Führungsqualitäten.

Damit niemandem unnötig Steine in den Weg gelegt werden können, verlangt der Gesetzgeber, dass ein Arbeitszeugnis klar und verständlich sowie wohlwollend formuliert sein muss. Doch das ist leider nicht immer der Fall. Mittlerweile hat sich eine derart komplexe Zeugnissprache entwickelt, dass es für Laien fast unmöglich ist, ein schlechtes und möglicherweise unfaires Zeugnis als solches zu erkennen. Wir erklären Ihnen, worauf Sie bei Formulierungen im Arbeitszeugnis achten müssen.

Wofür brauche ich ein Arbeits­zeugnis und was muss ich beachten?

  • Ohne ein Arbeitszeugnis ist Ihre Bewerbung unvollständig und hat bei vielen Arbeitgebern wenig Aussicht auf Erfolg. Einerseits belegen Ihre Arbeitszeugnisse die Angaben in Ihrem Lebenslauf, andererseits versuchen potenzielle neue Arbeitgeber daraus abzulesen, ob Sie in Ihrem Berufsleben gute Leistungen erbracht und sich gegenüber Kolleg*innen und Kund*innen korrekt verhalten haben.
  • Das qualifizierte Arbeitszeugnis müssen Sie bei Ihrem Arbeitgeber anfordern – und er muss es Ihnen ausstellen. Das ist Ihr gutes Recht: Der Anspruch auf ein Zeugnis verjährt übrigens erst nach drei Jahren.
  • Auch wenn Sie innerhalb ihres Unternehmens versetzt werden, empfehlen wir Ihnen, sich ein Zwischenzeugnis über Ihre bisherige Tätigkeit ausstellen zu lassen, denn später wird es der Personalabteilung und dem/der ehemaligen fachlich Vorgesetzten schwerfallen, Sie und Ihre damaligen Tätigkeiten vollständig und positiv zu beurteilen.

Wie muss ein Arbeits­zeugnis aussehen?

  • Arbeitnehmer*innen haben Anspruch auf ein formell korrektes, inhaltlich vollständiges und von der Bewertung her angemessenes Zeugnis, das zudem ehrlich, wohlwollend sowie klar und verständlich verfasst sein muss.
  • Ein Zeugnis muss schriftlich verfasst und von einem bzw. einer ranghöheren Mitarbeiter*in unterschrieben sein.
  • Es wird erwartet, dass das Zeugnis auf Firmenpapier ausgestellt wird. Zeugnisse in elektronischer Form (z. B. per E-Mail) sind nicht zulässig.
  • Vom Umfang her ist mindestens eine Seite üblich, hoch qualifizierte Mitarbeiter*innen bekommen meist längere Zeugnisse.
  • Sollten Sie ein „eselohriges“, fleckiges oder vielfach geknicktes Zeugnis erhalten – oder eines voller Rechtschreib- und Grammatikfehler – sollten Sie unbedingt Nachbesserungen einfordern.
Was tut ver.di?

ver.di kämpft für bessere Arbeitsbedingungen. Mit einer ver.di-Mitgliedschaft gewinnen Sie einen starken Partner, der Ihnen bei einem unfairen Arbeitszeugnis mit Rat und Tat zur Seite steht – inklusive kostenfreier Rechtsberatung und Rechtsschutz.

Trans­parente Formu­lierung im Arbeits­zeugnis oder Geheim­sprache?

Lust auf ein kleines Ratespiel: Welchen Schulnoten entsprechen die folgenden Aussagen über Frau Mustermann?

  • Sie „war verantwortungsbewusst“
  • Ihre „Arbeitsqualität war überdurchschnittlich“
  • Sie „arbeitete gewissenhaft und zuverlässig“
  • Ihr „Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten war vorbildlich“
  • Sie „hat Aufgaben stets zu unserer Zufriedenheit erledigt“
  • Sie „zeigte Engagement und Initiative“

Klingt doch ganz gut, oder? Weit gefehlt. Alle der obigen Bewertungen entsprechen der Note 3 – und beschreiben damit eine unterdurchschnittliche Leistung. Denn der weitaus größte Anteil an Zeugnissen vergibt die Gesamtnote 1 oder 2. Mit einem Zeugnis, das diese Sätze enthält, hätten Sie es auf dem Arbeitsmarkt also ziemlich schwer.

Geradezu verheerende Bewertungen können auch in der simplen Auslassung eines Satzes liegen: Ein Arbeitgeber, der einer Kassiererin nicht explizit „Ehrlichkeit“ bescheinigt, setzt damit ein Signal: Achtung, hier sind Diebstähle zu befürchten. Tut der Arbeitgeber dies nur aus Unwissenheit, ist der Mangel nach einem Hinweis durch Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin meist schnell behoben. Will er die Auslassung aber unbedingt beibehalten, wird der Arbeitgeber vor Gericht Beweise über Unehrlichkeiten vorlegen müssen. Kann er das nicht, wird er der Kassiererin Ehrlichkeit bescheinigen müssen. Auch aus diesem Grund ist der eingehende Zeugnischeck  z. B. durch ver.di so wichtig.

Formulierungen im Arbeitszeugnis: volle oder vollste Zufriedenheit?

Der einfachste Code in der Zeugnissprache steckt in der Umschreibung der „Zufriedenheit“ des Arbeitgebers mit den Leistungen des oder der Arbeitnehmer*in, die in fast jedem Zeugnis enthalten ist und als Gesamtbewertung der Leistung gilt. Den Schulnoten 1 bis 5 entsprechen folgende Aussagen über die Arbeitsleistung:

1 = stets zur vollsten Zufriedenheit
2 = stets zur vollen Zufriedenheit
3 = stets zu unserer Zufriedenheit
4 = zu unserer Zufriedenheit
5 = im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit

Die Note 6 wird so gut wie nie vergeben und verbirgt sich hinter Formulierungen wie „war bemüht“, „war bestrebt“ oder „hat versucht“.

Ist ein „stets zur vollsten Zufriedenheit“ allerdings mit auffälligen Auslassungen und dem Fehlen einer positiven Schlussformel à la „Wir danken Frau Mustermann für Ihre herausragende Arbeit und wünschen ihr persönlich und beruflich alles Gute und viel Erfolg“ verbunden, wirkt das Zeugnis widersprüchlich und wird einen potenziellen Arbeitgeber trotz der vorgeblichen Bestnote eher abschrecken. Daher ist es wichtig, dass Sie die Formulierungen in Ihrem Arbeitszeugnis immer von einem Experten oder einer Expertin beurteilen lassen.

Zahlen rund ums Thema Arbeits­zeugnis

Wie viele Prozesse werden jedes in Deutsch­land um das Arbeits­zeugnis geführt?
Wie viele der 2011 aus­ge­stell­ten Zeug­nis­se be­wer­ten laut einer Studie die Leistung des Mit­ar­bei­ters bzw. der Mit­ar­bei­ter­in als gut oder sehr gut?
Existiert kein Tarif­vertrag, inner­halb wie vieler Monate sollte eine Zeug­nis­be­rich­ti­gungs­klage ein­ge­reicht werden?
Quelle: ver.di

Was darf mein Arbeit­geber nicht ins Arbeits­zeugnis schreiben?

Sie waren länger krank oder sind politisch aktiv? Keine Sorge. Nicht erlaubt sind Hinweise auf Tätigkeiten im Betriebsrat, Krankheits- und Fehlzeiten, Schwangerschaft und Elternzeit, Partei- oder Gewerkschaftszugehörigkeiten oder Vorfälle aus dem Privatleben des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin. Ist Ihnen gekündigt worden, darf der Grund nur im Zeugnis erscheinen, wenn Sie dem zustimmen. Unterstreichungen, Fettgedrucktes sowie Frage- und Ausrufezeichen sind verboten.

Was mache ich, wenn ich das Zeugnis selbst schreiben soll?

Gerade in kleineren Firmen kommt es gar nicht so selten vor, dass Chef*innen Sie auffordern, selbst einen Entwurf des Zeugnisses zu machen. Kein Grund zur Panik. Im Gegenteil! Sehen Sie es als Chance, genau die Schwerpunkte zu setzen, die Ihnen wichtig sind, und kommen Sie zu ver.di. Wir beraten Sie und helfen Ihnen bei der Formulierung.

Unfaires Arbeits­zeugnis? So wehren Sie sich.

Erste Schritte

  • Lassen Sie jedes Arbeitszeugnis von ver.di oder einer Kanzlei für Arbeitsrecht überprüfen.
  • Machen Sie auf dieser Basis, wenn nötig, konkrete und gut begründete Änderungsvorschläge. Viele Arbeitgeber wollen Ihnen die berufliche Zukunft nicht verbauen und werden in der Regel darauf eingehen.
  • Weigert sich der Arbeitgeber, das Zeugnis zu ändern, erheben Sie mithilfe von ver.di oder einem Anwalt für Arbeitsrecht eine Zeugnisberichtigungsklage vor dem Arbeitsgericht. Dies sollte innerhalb von 3 Monaten nach Erteilung des Zeugnisses passieren, sofern im Tarifvertrag keine anderen Fristen genannt sind!

Häufige Fehler vermeiden

  • Gehen Sie nicht davon aus, dass bei Ihrem Zeugnis automatisch alles seine Richtigkeit hat, nur weil Sie mit Ihrem Arbeitgeber immer gut ausgekommen sind. Gerade in kleineren Firmen ohne Personalabteilung können verheerende Bewertungen auch unabsichtlich zustande kommen.
  • Akzeptieren Sie ein schlechtes Zeugnis nicht, weil Sie das Gefühl haben, wirklich einige Fehler gemacht und schlechte Tage gehabt zu haben. Jeder macht Fehler und für Ihre Jobsuche ist ein gutes Zeugnis sehr wichtig.

Wichtige Gesetze zum Thema Arbeits­zeugnis

Gewerbe­ordnung

Das Recht auf ein einfaches oder nach Wunsch qualifiziertes, schriftliches Zeugnis ist in § 109 der Gewerbeordnung festgeschrieben. Dieser Paragraf bestimmt auch, dass das Zeugnis klar und verständlich sowie wohlwollend formuliert sein muss. Das Recht auf ein Zeugnis haben neben Arbeitnehmer*innen auch leitende Angestellte, Teilzeitkräfte, Aushilfen, befristet Beschäftigte, Praktikant*innen.

Mantel­tarif­verträge und Bundes­beamten­gesetz

Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst und Beamte finden sich entsprechende Regelungen in den Manteltarifverträgen und im Bundesbeamtengesetz.

Berufs­bildungs­gesetz

Für Auszubildende ist der Zeugnisanspruch in §16 Absatz 1 des Berufsbildungsgesetzes festgeschrieben.

Was tut ver.di?

So können wir Ihnen mit den Formu­lie­run­gen im Arbeits­zeugnis helfen:

ver.di überprüft auf Wunsch jedes Arbeitszeugnis seiner Mitglieder – egal, ob Zwischen- oder Endzeugnis. Sollte Ihr Arbeitszeugnis Formulierungen oder Auslassungen enthalten, die Sie bei der Jobsuche behindern und Ihrer Leistung nicht gerecht werden, beraten wir mit Ihnen das weitere Vorgehen. Wenn nötig, ziehen wir für Sie auch vor Gericht, um ein gerechteres Zeugnis zu erstreiten.

ver.di-Mitglieder genießen kostenfreien Rechtsschutz in allen Fragen des Arbeits- und Sozialrechts. Wir begutachten Ihre Arbeitszeugnisse und übernehmen die komplette anwaltliche Beratung und Vertretung, wenn das Zeugnis fehlerhaft ist. Der Rechtsschutz beginnt bei ver.di immer mit dem Versuch, eine außergerichtliche Einigung zu erwirken. Wenn sich jedoch zeigt, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung unvermeidlich ist, streiten unsere Juristinnen und Juristen für Ihr Recht – wenn nötig durch die Instanzen. ver.di übernimmt dann die Kosten des Verfahrens.

Was ist, wenn ich nicht ver.di-Mitglied bin?

Werden Sie es! Gewerkschaftsleistungen finanzieren sich solidarisch aus den Beiträgen der Mitglieder. Deshalb ist es nicht möglich, ohne Mitgliedschaft Leistungen in Anspruch zu nehmen. Als Mitglied dagegen genießen Sie über Zeugnis-Check, Beratung und Rechtsschutz hinaus viele weitere Vorteile – und haben die Möglichkeit, sich durch ehrenamtliches Engagement aktiv einzubringen. Zur Schulung und Qualifizierung bietet ver.di eigene Seminare an, die allen Mitgliedern offenstehen.