insolvenZ?

Meine Firma ist insolvent – was passiert jetzt mit mir?

Insolvenz

Die Abteilungen werden verkleinert, langjährige Kolleg*innen entlassen. Die Geschäftsführung spricht von Betriebsinsolvenz. Da stellen sich viele Fragen: „Werde ich arbeitslos? Muss ich auf mein Gehalt verzichten? Wie geht es mit dem Betrieb weiter?“

Erfahren Sie hier, was Sie jetzt beachten sollten und welche Fristen wichtig sind.

Arbeitgeber insolvent: was bedeutet das überhaupt?

Insolvenz meint erst einmal „nur“, dass ein Betrieb zahlungsunfähig ist und seine finanziellen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen kann. Für Sie ist jetzt wichtig, dass eine Insolvenz nicht automatisch das Aus für Ihren Betrieb bedeuten muss.

Der Antrag auf Insolvenz wird bei Gericht vom Unternehmen selbst oder von einem Gläubiger bzw. einer Gläubigerin gestellt. Ist das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet, hat das für Ihren Betrieb Vorteile, denn nun liegen vorerst alle Zahlungsverpflichtungen auf Eis. Der oder die Insolvenzverwalter*in   prüft in den folgenden drei Monaten, ob das Unternehmen weitergeführt werden kann. In dieser Zeit versucht er oder sie sicherzustellen, dass das laufende Geschäft weitergeht, indem er Gespräche mit Mitarbeiter*innen, Kund*innen, Banken und Lieferanten führt.

Bei ausreichendem Vermögen folgt das eigentliche (ordentliche) Insolvenzverfahren. Alle Rechte des Betriebs gehen auf den/die Insolvenzverwalter*in über, mit dem Ziel, den Betrieb durch eine Sanierung zu retten und mit den Gläubiger*innen einen Plan zur Abtragung der Schulden zu erarbeiten. Reicht das Vermögen nicht aus, lehnt das Gericht den Antrag ab. Der Betrieb wird ohne Insolvenzverfahren geschlossen und die Gläubiger*innen gehen leer aus. Das Gehalt der Arbeitnehmer*innen ist in diesem Fall durch das sogenannte Insolvenzgeld gesichert, das bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden kann.

Was tun, wenn der Arbeit­geber insolvent ist?

Erste Schritte

  • Gehaltsnachweise prüfen und Unregelmäßigkeiten sofort schriftlich beim Arbeitgeber anzeigen.
  • Insolvenzgeld bei der Arbeitsagentur beantragen.
  • Ausstehende Beträge bei dem/der Insolvenzverwalter*in anmelden.
  • Bei einer Kündigung unverzüglich Arbeitslosengeld beantragen.
  • Wenn Sie gegen die Kündigung vorgehen wollen, innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage einreichen.
  • Bei Angeboten durch den/die Insolvenzverwalter*in unbedingt juristisch beraten lassen.

Häufige Fehler vermeiden

  • Zu späte oder gar keine Sicherung der eigenen Ansprüche bei der Geschäftsführung und dem/der Insolvenzverwalter*in.
  • Verzicht auf Gehalt oder andere Ansprüche aufgrund vermeintlicher Loyalität zum Arbeitgeber.
  • Zu späte Meldung bei der Arbeitsagentur: Dies muss spätestens zwei Monate nach der Insolvenz oder drei Tage nach Erhalt einer Kündigung geschehen.
  • Vorschnelle Entscheidungen, ohne sich vorher Rat einzuholen, zum Beispiel bei ver.di.
Was tut ver.di?

ver.di kämpft für bessere Arbeitsbedingungen. Mit einer ver.di-Mitgliedschaft gewinnen Sie einen starken Partner, der Ihnen im Falle einer Betriebsinsolvenz mit Rat und Tat zur Seite steht – inklusive kostenfreier Rechtsberatung und Rechtsschutz.

Insolvenz­ver­fahren: Rechte, Pflich­ten und Ansprüche als Arbeit­nehmer*in.

Während des ordentlichen Insolvenzverfahrens ändert sich für Ihr bestehendes Arbeitsverhältnis nichts – auch dann nicht, wenn der Betrieb verkauft wird.

Aber: Sobald Sie von der Insolvenzanmeldung erfahren haben, sollten Sie direkt zur Bundesagentur für Arbeit (BA) gehen und sich zum Thema Insolvenzgeld und Arbeitslosengeld (ALG I) beraten lassen. Melden Sie sich dort auch dann sofort, wenn Sie eine Kündigung erhalten haben.

1. Gehaltszahlungen erfolgen unregelmäßig oder bleiben aus?

Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Gehaltsabrechnung auf vollständige Gehaltsauszahlung. Weisen Sie Ihre Vorgesetzten so schnell wie möglich schriftlich auf ausstehende Beträge hin und fordern Sie sie fristgerecht auf, diese zu begleichen. Nur so können Sie offene Forderungen später geltend machen.

2. Ist Gehaltsverzicht eine Option?

Es kann vorkommen, dass Ihr Arbeitgeber Sie darum bittet, auf Urlaubs- oder Weihnachtsgeld zu verzichten oder die Gehaltsauszahlung zu verschieben. Ihnen erscheint das vielleicht fair, doch in den meisten Fällen hilft Ihr Entgegenkommen dem Betrieb nicht weiter. Viel eher kann eine Stundung oder ein Verzicht Sie selbst in eine finanzielle Misere bringen. Sollten Sie Ihren Arbeitsplatz nämlich trotz allem verlieren, werden bei der Berechnung des Arbeitslosengelds nur die Beträge berücksichtigt, die auch tatsächlich ausgezahlt worden sind.

3. Insolvenzgeld – wie hilft der Staat bei Lohnausfall?

Das Insolvenzgeld ist eine staatliche Leistung, die Ihren möglichen Lohnausfall der letzten drei Monate vor Beginn der Insolvenz ausgleichen soll. Ausgezahlt wird es von der Bundesagentur für Arbeit. Den Antrag auf Insolvenzgeld stellen Sie dort spätestens zwei Monate nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Diese Frist müssen Sie einhalten, da Ihr Anspruch sonst erlischt. Es kann dauern, bis Ihr Antrag bewilligt wird. Am besten beantragen Sie, um Auszahlungslücken zu vermeiden, einen Vorschuss.

4. Was tun bei Kündigung durch den Arbeitgeber oder den/die Insolvenzverwalter*in?

Hat Ihr*e Chef*in Ihnen bereits vor der Insolvenzeröffnung wegen Zahlungsunfähigkeit gekündigt, sollten Sie unbedingt juristischen Rat bei Ihrer Gewerkschaft suchen. Es kann sinnvoll sein, gegen die Kündigung zu klagen. So stellen Sie beim Verkauf des Betriebs sicher, dass Sie einen Anspruch auf Arbeitnehmerentschädigung aus dem Sozialplan oder auf Weiterbeschäftigung haben.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist kein Grund für eine außerordentliche Kündigung. Auch im regulären Verfahren ist der/die Insolvenzverwalter*in an tarifliche Bestimmungen und Vereinbarungen gebunden und kann Ihnen nicht ohne Grund kündigen. Er kann Sie allerdings dazu verpflichten, andere, auch geringwertigere Arbeiten als bisher zu übernehmen.

Sollte der/die Insolvenzverwalter*in aufgrund fehlender Aufträge betriebsbedingte Kündigungen aussprechen, muss er oder sie eine Sozialauswahl durchführen, also die Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, Familiensituation und so weiter berücksichtigen. Sonst sind die Kündigungen unwirksam. Sind Sie mit der Kündigung nicht einverstanden, sollten Sie schnell handeln. Um die Fristen zu wahren, müssen Sie beim zuständigen Arbeitsgericht innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage einreichen.

5. Urlaub einreichen während der Insolvenz?

Es kann sinnvoll sein, während des Insolvenzverfahrens Urlaub zu beantragen, um zum Beispiel nach einer neuen Stelle zu suchen, Bewerbungen zu schreiben oder den Kopf freizubekommen. Der bzw. die Insolvenzverwalter*in ist zwar nicht verpflichtet, Ihnen Urlaub zu gewähren, in der Praxis aber oft dazu bereit, denn er oder sie hat ein Interesse daran, dass Überkapazitäten abgebaut werden.

Wenn die Firma insolvent geht: bleiben oder doch selbst kündigen?

Das ist keine leichte Entscheidung. Sie wollen niemanden im Stich lassen, aber auch kein Risiko eingehen, falls eine Sanierung scheitert. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für eine Entscheidung, überarbeiten Sie Ihre Bewerbungsunterlagen und schauen Sie sich in Ruhe auf dem Arbeitsmarkt um. Sollten Sie das Unternehmen verlassen wollen, dann möglichst fristgerecht und einvernehmlich. Sonst droht Ihnen eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

Die Insolvenz­tabelle – auch für Sie wichtig

Die Insolvenztabelle ist das Verzeichnis aller Forderungen, die die Gläubiger*innen an Ihren Betrieb haben. Anhand dieser Tabelle kann der oder die Insolvenzverwalter*in nach Prüfung der Ansprüche bestimmen, wie viel Geld an welche Gläubiger*innen ausgezahlt werden kann. Sie als Arbeitnehmer*in können hier den Anteil Ihres Gehalts anmelden, der nicht über das Insolvenzgeld abgegolten wurde. Bitten Sie den/die Insolvenzverwalter*in, Ihnen die Anmeldefristen zu nennen, damit Ihre Ansprüche nicht verloren gehen. Und wenden Sie sich an ver.di. Bei großen Insolvenzen hat auch die zuständige Gewerkschaft einen Sitz im Gläubigerausschuss und vertritt die Arbeitnehmer*inneninteressen.

Betriebsinsolvenz in Zahlen

Wie viele Unternehmensinsolvenzen gab es 2022 in Deutschland?
Wie viele Monate zahlt die Bundesagentur für Arbeit bei Lohnausfall Insolvenzgeld?
Wie lange kann nach einer Kündigung Kündigungsschutzklage eingereicht werden?

Wichtige Gesetze zum Thema Betriebsinsolvenz

Insolvenz­ordnung

Die Insolvenzordnung (InsO) regelt das Insolvenzverfahren, das dazu dient, mehrere Gläubiger*innen eines bzw. einer zahlungsunfähigen (insolventen) Schuldner*in gleichmäßig zu befriedigen.

§ 614 BGB – Fälligkeit der Vergütung.

Die Vergütung (Gehalt) ist nach der Leistung der Dienste (i.d.R. am Ende des Monats) zu entrichten.

§ 286 BGB – Verzug des bzw. der Schuldner*in.

Leistet der oder die Schuldner*in auf eine nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgte Mahnung des oder der Gläubiger*in nicht, so kommt er oder sie durch die Mahnung in Verzug.

Was tut ver.di?

So können wir Sie bei einer Betriebs­insolvenz unter­stützen:

  • Einsatz im Unternehmen: Im Insolvenzfall treten wir aktiv für die Rechte aller Beschäftigten ein und unterstützen den Betriebsrat bei allen in der Krise anfallenden Aufgaben. Dazu gehört die Information und Beratung der Arbeitnehmer*innen, die Verhandlung über einen Interessensausgleich oder Sozialplan und ggf. der Abschluss einer Betriebsvereinbarung. Außerdem arbeiten wir eng mit dem/der Insolvenzverwalter*in zusammen und bringen uns nach Möglichkeit in den Gläubigerausschuss ein.
  • Kostenfreie Rechtsberatung: Wir beraten Sie als Mitglied, wenn das Gehalt ausbleibt oder eine Insolvenz Ihres Betriebes droht. Wir sprechen mit Ihnen über die Fragen, die eine Insolvenz für Sie als Arbeitnehmer*in aufwirft, informieren Sie über wichtige Fristen und helfen Ihnen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
  • Kostenfreier Rechtsschutz: Sollte ein Rechtsstreit unvermeidlich sein, genießen unsere Mitglieder vollen Rechtsschutz.

Was ist, wenn ich nicht ver.di-Mitglied bin?

Werden Sie es! Unsere Dienstleistungen finanzieren sich solidarisch aus den Beiträgen der Mitglieder. Deshalb ist es nicht möglich, ohne Mitgliedschaft Leistungen in Anspruch zu nehmen. Als Mitglied genießen Sie über den Rechtsschutz hinaus viele weitere Vorteile – und haben die Möglichkeit, sich durch ehrenamtliches Engagement aktiv einzubringen. Außerdem bietet ver.di zur Schulung und Qualifizierung eigene Seminare an, die allen Mitgliedern offenstehen.