Es gibt Berufe, von denen ist bekannt, dass sie gefährlich sein können – etwa bei der Feuerwehr, der Polizei oder auch auf dem Bau. Andere Tätigkeiten gelten in der Regel als ungefährlich. Doch seit März 2020 ist alles anders. Denn in der Corona-Pandemie kann schon die Nähe von Kolleg*innen und Kund*innen zur Gefahr werden. Dabei ist gerade dieser direkte Kontakt wesentlich für die Arbeit in vielen Bereichen, ob im öffentlichen Personennahverkehr, im Frisörsalon, in der Kita oder im Gesundheitsbereich.
Das Gute ist: Egal, in welchem Beruf Sie arbeiten und welche Gefahren Ihre Sicherheit im Job beeinträchtigen – Ihr Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht. Er muss alles dafür tun, dass Sie gefahrlos arbeiten können.
Die Ansteckungsgefahr mit Corona zeigt uns, wie wichtig Arbeits- und Gesundheitsschutz ist. Auf einmal tauchen Sicherheitsfragen auf, die sich vorher nicht gestellt haben – insbesondere für alle, die nicht die Möglichkeit haben, mobil bzw. im Homeoffice zu arbeiten.
Doch ein wirksamer Arbeitsschutz muss nicht nur ständig an aktuelle Herausforderungen angepasst werden. Ebenso entscheidend ist, wie weitreichend die definierten Schutzvorgaben in den Branchen sind und wie konsequent sie in den Betrieben umgesetzt werden.
Nimmt der Arbeitgeber die Vorgaben nicht ernst oder hält sie nicht korrekt ein, führt das bei Arbeitnehmer*innen zu Frust und psychischen Belastungen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Arbeitsschutzaufsicht in Deutschland personell schwach aufgestellt ist: Zwei Drittel der Arbeitsschutzbehörden, die z. B. Corona-Maßnahmen kontrollieren und durchsetzen sollen, klagen über Personalmangel.
All dies wirft bei Arbeitnehmer*innen verständlicherweise Fragen auf:
Seit 1996 gibt es das heutige Arbeitsschutzgesetz, das für nahezu alle Tätigkeitsbereiche und Beschäftigten in Deutschland gilt. Es verpflichtet Ihren Arbeitgeber dazu, Gefährdungen im Betrieb zu beurteilen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und in einer so genannten Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren.
Das Spektrum ist dabei so breit wie die Branchen vielfältig sind: Es kann um den Umgang mit Chemikalien gehen, um Lärm und Stress, um das Heben schwerer Lasten oder um erhöhte Unfallrisiken. Aktuell, in der Pandemie, konkretisiert die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel die Anforderungen an den Arbeitsschutz.
ver.di kämpft für bessere Arbeitsbedingungen. Mit einer ver.di-Mitgliedschaft gewinnen Sie einen starken Partner, der Ihnen beim Thema Arbeitsschutz mit Rat und Tat zur Seite steht – inklusive kostenfreier Rechtsberatung und Rechtsschutz.
Bei der Gefährdungsbeurteilung in Betrieben wird nach dem TOP-Prinzip verfahren: Zuerst müssen technische Maßnahmen (T) wie z. B. die Neuordnung des Mobiliars umgesetzt werden. Ist dies baulich nicht möglich, müssen organisatorische Maßnahmen (O) wie z. B. Kontaktreduzierung durch mobile Arbeit bzw. Homeoffice erfolgen. Erst, wenn dies aus nachvollziehbaren Gründen auch nicht möglich ist, sind personenbezogene Maßnahmen (P) vorzunehmen, wie z. B. das Tragen von FFP2-Masken.
Ihr Arbeitgeber sollte bei der Umsetzung der Schutzstandards idealerweise von Betriebsärzt*innen bzw. Fachkräften für Arbeitssicherheit beraten werden und deren Wissen an Sie weitergeben. Unternehmen, die ihre Verantwortung ernst nehmen, bieten ihren Beschäftigten zusätzlich freiwillige, ggf. telefonische, arbeitsmedizinische Beratung an.
Übrigens: Dass der Arbeitgeber Sie schützen muss, befreit ihn nicht davon, Ihre Selbstbestimmungs- und Freiheitsrechte zu achten. Videoüberwachung von Abstandsregeln verträgt sich damit beispielsweise nicht.
Der soziale Arbeitsschutz definiert die Rechte von besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmer*innen wie z. B. Jugendlichen, werdenden und stillenden Müttern, Schwerbehinderten und Risikopatient*innen. Sie sind vor den spezifischen Gefahren ihres Arbeitsplatzes mit Rücksicht auf ihre jeweilige körperliche und geistige Konstitution besonders zu schützen. Rechtlich verankert ist der soziale Arbeitsschutz etwa im Mutterschutzgesetz, im Jugendarbeitsschutzgesetz oder auch, für schwerbehinderte Menschen, im Sozialgesetzbuch IX bzw. im Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen mit Regelungen zu Rehabilitation und Teilhabe. Auf diese Gesetze können Sie sich als Betroffene*r auch in Corona-Zeiten immer berufen.
Erste Schritte
Dass eine Pandemie oder eine Energiekrise ein Ausnahmezustand und eine nie dagewesene Situation für Betriebe sowie Arbeitnehmer*innen ist, lässt sich nicht bestreiten. Dennoch ist es wichtig, dass Ihr Arbeitgeber schnell reagiert und Lösungen findet. Das erweist sich in der aktuellen Situation oft als schwierig. Und so beginnt ein Teufelskreis, zu sehen etwa bei der Arbeit in der Pflege. Personalmangel, fehlende Schutzausrüstungen, nicht eingehaltene Erholungspausen – die Liste der Missstände in Kliniken und Pflegeeinrichtungen ist lang. Führt die Sorge vor Ansteckung dazu, dass sich Kolleg*innen krankmelden, spitzt sich die Lage weiter zu.
Nicht unterschätzt werden dürfen aber auch die psychischen Belastungen, die sich aus dieser Extremsituation ergeben – und die manchen zweifeln lassen, ob er oder sie der Arbeit noch gewachsen ist. Abhilfe schafft hier eine strukturierte psychosoziale Notfallversorgung. Sollten Sie in dieser Gedankenspirale gefangen sein, sprechen Sie mit Ihrem Betriebsrat und prüfen Sie, ob ein solches Angebot für Ihren Betrieb vorliegt.
Ihr Arbeitgeber hat eine rechtlich verankerte Fürsorgepflicht. Das bedeutet, dass er alles dafür tun muss, dass Sie gefahrlos arbeiten können. Er trägt die Verantwortung für den Arbeitsschutz und damit für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Und die kann ganz unterschiedlich aussehen:
Das sind alles Fragen, die Betrieb für Betrieb unter die Lupe genommen und beantwortet werden müssen. Dies sollte zusammen mit Fachkräften für Arbeitssicherheit und dem Betriebsrat erfolgen, die Umsetzung der Maßnahmen sollte von einem oder einer dafür zu benennenden Verantwortlichen überwacht werden. In der Regel ist es sinnvoll, Maßnahmenkonzepte von vornherein mit dem Betriebsrat zu erarbeiten und in einer Betriebsvereinbarung festzuhalten. Bei Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro.
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Das Gesetz regelt die Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers zur Vermeidung von Gefahren. Ebenfalls verankert sind die Pflichten und Rechte der Beschäftigten, genauso wie die Überwachung des Arbeitsschutzes nach eben diesem Gesetz.
Arbeitssicherheitsgesetz (AsiG)
Ihr Arbeitgeber unterliegt Pflichten zur Bestellung von Betriebsärzt*innen, Sicherheitsingenieuren und anderen Fachkräften für Arbeitssicherheit, definiert deren Aufgaben und fordert die betriebliche Zusammenarbeit beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung. Das AsiG soll eine fachkundige Beratung der Arbeitgeber sicherstellen und ist eine Art „Controlling-Gesetz“ zum Arbeitsschutzgesetz.
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
Aus diesem Gesetz ergibt sich in Betrieben mit Betriebsräten eine Aufsichts- und Mitbestimmungspflicht der Mitarbeitervertretungen. Wie in konkreten Fällen Gefährdungsbeurteilungen, Präventionsmaßnahmen, Wirksamkeitskontrollen und die Dokumentationspflicht umzusetzen sind, sollte in Betriebsvereinbarungen geregelt werden.
Aber wie arbeitet ein solches Gremium in Pandemie-Zeiten, wenn persönliche Treffen nur schwer oder gar nicht möglich sind? Dafür haben wir einen Praxis-Leitfaden erstellt, den Sie hier als PDF herunterladen können.
Was ist, wenn ich nicht ver.di-Mitglied bin?
Werden Sie es! Unsere Dienstleistungen finanzieren sich solidarisch aus den Beiträgen der Mitglieder. Deshalb ist es nicht möglich, ohne Mitgliedschaft Leistungen in Anspruch zu nehmen. Als Mitglied genießen Sie über den Rechtsschutz hinaus viele weitere Vorteile – und haben die Möglichkeit, sich durch ehrenamtliches Engagement aktiv einzubringen. Außerdem bietet ver.di zur Schulung und Qualifizierung eigene Seminare an, die allen Mitgliedern offenstehen.