Mobbing bei der Arbeit –
was kann ich tun?
Hier informieren.Was ist Mobbing?
Mobbing Mobbing bedeutet, dass ein Mensch bei der Arbeit von Vorgesetzten oder Kollege*innen systematisch schikaniert, benachteiligt, beleidigt oder ausgegrenzt wird – und zwar über einen längeren Zeitraum. Das Mobbing kann von einzelnen Personen oder ganzen Gruppen ausgehen. Mobbing kann sich auf der Arbeitsebene, auf der sozialen Ebene oder auf beiden Ebenen abspielen.
Wer auf der Arbeitsebene mobbt, zweifelt die Fähigkeiten der gemobbten Person an, übt unsachliche Kritik an ihrer Arbeit, ordnet sinnlose oder kränkende Tätigkeiten an, verschweigt wichtige Informationen oder manipuliert sogar Arbeitsergebnisse.
Wer auf der sozialen Ebene mobbt, der behandelt die gemobbte Person wie Luft, und beleidigt, belästigt, diskriminiert oder verleumdet sie. Oder er kränkt sie durch Anspielungen, vermeidet es auffällig, mit ihr in einem Raum zu sein, oder versteckt und beschädigt persönliche Sachen.
… und was nicht?
Am Arbeitsplatz gibt es – wie in der Familie – immer mal wieder Konflikte und Meinungsverschiedenheiten. Da vergreift sich schon mal jemand im Ton, knallt mit der Tür oder beendet wutschnaubend ein Telefongespräch.
Das ist nicht schön, aber menschlich – und kein Mobbing. Meist findet sich ein Kompromiss und man geht wieder freundlich und konstruktiv miteinander um. Mobbing dagegen hat Methode und System und tritt über einen längeren Zeitraum und ohne aktuellen Anlass auf.
Cybermobbing, ein neues Problem
Ursprünglich ein Phänomen, das vor allem an Schulen und unter Jugendlichen bekannt war, ist Cybermobbing längst auch im Arbeitsleben verbreitet. Grundsätzlich folgt es derselben Dynamik wie klassisches Mobbing: Jemand wird bedroht, bloßgestellt, ausgegrenzt oder sexuell belästigt. Unterschiede liegen in der Anonymität der TäterInnen, die sich hier z. B. hinter Pseudonymen verstecken können, und in der größeren Reichweite: Ein Hasskommentar oder ein bloßstellendes Bild in sozialen Netzwerken erreicht ein größeres Publikum als eine Verbalattacke im Kollegenkreis. Außerdem kann Cybermobbing zeit- und ortsunabhängig verübt werden.
Zwar ist Cybermobbing, genauso wie Mobbing, in Deutschland bislang kein besonderer Straftatbestand, es kann aber durchaus Straftaten wie Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung und Nötigung in sich vereinen und sollte ähnlich sorgfältig verfolgt werden.
Mobbing: die vier typischen Phasen
Wenn nicht früh und entschlossen gegengesteuert wird, läuft Mobbing am Arbeitsplatz meist in vier typischen Phasen ab. Am Ende verlässt die gemobbte Person meist die Abteilung oder das Unternehmen.
- 1. Im Rahmen eines Konfliktes kommt es zu Schuldzuweisungen und ersten persönlichen Angriffen.
- 2. Die betroffene Person wird immer häufiger schikaniert und ausgegrenzt. Dies führt zu einem Verlust des Selbstwertgefühls.
- 3. Die gemobbte Person ist völlig verunsichert und verängstigt, kann sich nicht mehr konzentrieren und macht Fehler. Es folgen arbeitsrechtliche Sanktionen wie z.B. Abmahnung, Versetzung oder Kündigungsdrohung.
- 4. Die gemobbte Person gibt auf: Sie kündigt oder wird gekündigt oder willigt in einen Auflösungsvertrag ein. Das Ziel der Mobbenden ist erreicht.
Negative Folgen
Mobbing verursacht einen hohen Leidensdruck und kann zu schweren psychischen und physischen Krankheiten führen. Viele Betroffene werden während einer Mobbing-Episode arbeitsunfähig, manche scheiden in der Folge ganz aus dem Arbeitsleben aus. Das zeigt: Mobbing ist für die Betroffenen die Hölle. Es verursacht immense Kosten für die Unternehmen durch Fehlzeiten sowie verminderte Leistung – und für die Gesellschaft durch die Folgeerkrankungen bis hin zur dauerhaften Arbeitsunfähigkeit.

WAS TUN, WENN SIE VON MOBBING ODER CYBERMOBBING BETROFFEN SIND?
Wenn Sie sich gemobbt fühlen, sollten Sie so schnell wie möglich reagieren. Je länger Sie warten, desto mehr verselbstständigt sich das Geschehen und desto schwieriger ist es zu stoppen. Wenden Sie sich an Kolleg*innen oder Vorgesetzte, denen Sie vertrauen und, sofern vorhanden, an den Personal- oder Betriebsrat. Die können Ihnen helfen, den Konflikt zu analysieren und festzustellen, ob eine Ungleichbehandlung vorliegt. Gemeinsam können Sie Lösungsmöglichkeiten suchen und das weitere Vorgehen planen. Führen Sie ein Mobbing-Tagebuch, in das Sie alle Angriffe eintragen und beschreiben, wie diese auf Sie wirken. Sollten Sie in Ihrem Betrieb keine Ansprechperson finden, können Sie auch eine Mobbingberatungsstelle, eine Selbsthilfegruppe oder Ihre Gewerkschaft aufsuchen. Wir von ver.di beraten Sie und helfen Ihnen, sich wirkungsvoll zu wehren. Ist das Mobbing schon recht fortgeschritten, nehmen Sie sich, wenn möglich, eine Auszeit, um eine Verschärfung der Situation zu vermeiden, bis Sie sich im Klaren über die Hilfe- und Lösungsmöglichkeiten sind.
Und wenn das Mobbing vom Chef ausgeht?
Nicht selten sind es Vorgesetzte, die mobben. Statistisch gesehen gehen 37 Prozent aller Mobbingfälle von Vorgesetzten aus. In weiteren 12 Prozent der Fälle mobben Vorgesetzte gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen des Betroffenen. Fachleute aus der Mobbingberatung gehen sogar von einer weit höheren Beteiligungsrate der Vorgesetzten aus. Gerade das Mobbing durch Vorgesetzte wirkt in der Regel sehr bedrohlich, da es Gefühle der Hilflosigkeit und Existenzängste auslöst. Auch in diesem Fall gilt: Holen Sie sich so früh wie möglich Hilfe und Unterstützung bei Ihrem Personal- oder Betriebsrat, der Gewerkschaft oder einer Mobbingberatungsstelle. So können Sie Lösungen finden, bevor die Situation eskaliert.
Gemobbt! Und was mache ich jetzt?
Erste Schritte
- Führen Sie ein Mobbing-Tagebuch mit detaillierten Beschreibungen der Vorfälle und deren Wirkung auf Sie. Es hilft Ihnen dabei, Lösungen zu erarbeiten und kann bei juristischen Auseinandersetzungen ein wichtiges Beweismittel sein.
- Suchen Sie eine Vertrauensperson unter Ihren Kolleginnen und Kollegen.
- Vertrauen Sie sich Ihrem Betriebs- oder Personalrat an und bitten Sie um Unterstützung.
- Holen Sie sich weitere Unterstützung bei Ihrer Gewerkschaft oder einer Mobbingberatungsstelle.
Häufige Fehler vermeiden
- Verharmlosen Sie die Angriffe nicht.
- Isolieren Sie sich nicht.
- Warten Sie nicht ab.
- Suchen Sie die Schuld nicht bei sich selbst.
Die rechtliche Situation
In Deutschland gibt es kein „Anti-Mobbing-Gesetz“
Im Gegensatz zu Ländern wie Schweden, Finnland und Frankreich gibt es in Deutschland kein „Anti-Mobbing-Gesetz“ und keine speziellen gesetzlichen Regelungen für den Mobbing am Arbeitsplatz. Wenn es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt, muss deshalb auf allgemeingültige Rechtsnormen zurückgegriffen werden.
Gemobbte Arbeitnehmer*innen können unter Umständen auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld klagen. Sie können auch berechtigt sein, das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen und vom Arbeitgeber eine Abfindung zu erhalten. Oft enden viele Verfahren wegen Mobbing jedoch in niedrigen Vergleichen oder werden abgewiesen.
Aber: Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht
Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist eine gesetzlich geregelte Rechtspflicht (§ 241 BGB). Ihr Ziel ist es, ein angemessenes Maß an Schutz und Rücksichtnahme durchzusetzen. Verletzt der Arbeitgeber die Fürsorgepflicht, indem er nichts gegen Mobbing im Unternehmen unternimmt, kann er haftbar gemacht werden. In Zeiten von Home-Office und Cybermobbing ist es daher umso wichtiger, den Arbeitgeber über Ihre Situation zu informieren.
Wichtige Gesetze
Grundgesetz
Mobbing stellt einen Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht und einen Angriff auf das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit dar. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, diese Rechtsgüter zu schützen. Er hat seine Betriebs- und/oder Arbeitsstrukturen deshalb so zu organisieren, dass seine Beschäftigten nicht gemobbt werden. Mobbing ist ihm selbst untersagt und er ist verpflichtet, Mobbing unter Kolleg*innen zu unterbinden.
Betriebsverfassungsgesetz
Von Mobbing betroffene Arbeitnehmer*innen können sich im Wege der Beschwerde an den Betriebsrat wenden. Nach §104 BetrVG kann der Betriebsrat die Versetzung oder Entlassung eines Arbeitsnehmers verlangen, wenn dieser den Betriebsfrieden – z.B. durch Mobbing – wiederholt stört. Aufgrund von §75 BetrVG ist der Betriebsrat sogar dann verpflichtet, gegen Mobbing vorzugehen, wenn keine Beschwerde des Betroffenen vorliegt.
Allgemeines Gleichstellungsgesetz (AGG)
Arbeitnehmer*innen können sich auf das AGG berufen, wenn sie aus Gründen der ethnischen Herkunft, der Religion, der Weltanschauung, des Geschlechts, des Alters, der sexuellen Identität oder einer (Schwer-)behinderung benachteiligt bzw. gemobbt werden.
Was ver.di für Sie tun kann
Viele ver.di-Bezirke bieten Mitgliedern eine qualifizierte Konflikt- und Mobbingberatung an. Im ver.di-Mitgliedernetz gibt es zudem Foren, in denen Sie sich öffnen und mit anderen Betroffenen austauschen können – das entlastet. Besonders wichtig: ver.di-Mitglieder genießen kostenfreien Rechtsschutz in allen Fragen des Arbeits- und Sozialrechts. Der Gang vor den Richterstuhl sollte in einem Streitfall aber nur die letzte Möglichkeit sein. Deshalb beginnt der Rechtsschutz bei ver.di immer mit einer umfassenden Beratung, in der wir gemeinsam mit Ihnen versuchen, Lösungswege zu erarbeiten. Wenn sich aber zeigt, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung unvermeidlich ist, streiten unsere Juristinnen und Juristen für Ihr Recht – wenn nötig durch die Instanzen. ver.di übernimmt dann die Kosten des Verfahrens.
Was ist, wenn ich nicht ver.di-Mitglied bin?
Werden Sie es! Gewerkschaftsleistungen finanzieren sich solidarisch aus den Beiträgen der Mitglieder. Deshalb ist es nicht möglich, ohne Mitgliedschaft Leistungen in Anspruch zu nehmen. Als Mitglied genießen Sie viele Vorteile – und haben die Möglichkeit, sich durch ehrenamtliches Engagement aktiv einzubringen. Zum Beispiel auch als Konflikt- und MobbingberaterIn. Zur Schulung und Qualifizierung bietet ver.di eigene Seminare an, die allen Mitgliedern offen stehen.